Gerade
erst war das Iserlohner Schützenfest zu Ende gegangen, und die wackeren
Schützen aus der Zwoten Kompanie waren froh, daß das Leben endlich
wieder in normalen Bahnen zu laufen versprach. Die Terminkalender
enthielten auf den nächsten Seiten Worte wie Arbeit, Urlaub, Geburtstag
und dergleichen, aber bestimmt nicht das Wort Schützenfest. Wen
wundert's, daß das Vorhaben, am großen Celler Schützenfest teilzunehmen
und unseren Freunden vom Schützencorps Neuenhäusen einen Gegenbesuch
abzustatten, auf wenig Interesse stieß.
Nun ist mir der
überregionale Kontakt zwischen Schützenvereinen aber ein besonderes
Anliegen, und in Neuenhäusen sieht man das ähnlich. War doch gerade
erst eine Gruppe des SCN bei uns in Iserlohn gewesen.
So kam es, daß
ich mich - sozusagen als 1-Mann-Abordnung der Zweiten Kompanie - allein
auf den Weg in das malerische niedersächsische Städtchen machte, um die
Bräuche norddeutschen Schützenwesens zwei Tage lang ausgiebig
zu erforschen. Dieter Lankau vom SCN hatte mich vorab mit allen
notwendigen Informationen versorgt und mir auch die Teilnahme am
Fischessen ermöglicht. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ganz
herzlich bei Dieter bedanken!
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Nach
etwa 3stündiger Fahrt traf ich gegen Mittag in demselben
innerstädtischen Hotel ein, in dem wir bereits vor vier Jahren als
Gruppe untergekommen waren. Gleich den grünen Schützenrock angezogen,
und ab ging's in die Altstadt, um mich ein wenig zu orientieren und
nach einem Mittagessen Ausschau zu halten. Unterwegs sorgte meine für
norddeutsche Verhältnisse ungewöhnliche Uniform für Aufsehen bei
Touristen und Einheimischen. ( befühlt meine Manschette: "Ist das Samt?" )
Gegen
14:30 Uhr traf ich dann die Neuenhäusener Schützen in ihrem
Antretelokal, dem Blauen Engel. Großes Hallo allerseits, und Bedauern,
aber auch Verständnis dafür, daß nicht mehr Iserlohner den
Weg
nach Celle gewagt hatten.
Man erwartete Schützenkönig Wolfgang "Der
Gesellige", der angekündigt hatte, seinem Schützenvolk eine Kutschfahrt
zu spendieren. Diese fachkundig geleitete Siteseeing-Tour zu den
historischen
Sehenswürdigkeiten der Stadt wurde nun der erste Höhepunkt
meines Besuches. Unterwegs erfreute uns dann auch noch eine
spontane Gesangsdarbietung junger Cellerinnen. (Video)
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Zurück
von der Kutschpartie, marschierten wir dann gemeinsam zum
Aller-Stauwehr, wo das traditionelle Kolkausfischen stattfand.
Platzkonzert und Rollmopsessen hielten mich diesmal nicht davon ab,
echten Flußfischern beim Auslegen des Netzes zuzuschauen. Das
Niedrigwasser ließ keinen großen Fang erwarten, dennoch konnten die
Männer zwei Fische erbeuten. Die Fangquote soll in früheren Jahren
schon schlechter gewesen sein!
Die Zeit bis zum Fischessen - wohl
also die Zeit der Zubereitung jener zwei Fische - verbrachten wir bei
einem gemeinsamen Kirmesrundgang mit Karussellfahrten, Bratwurst und
was sonst noch dazu gehört.
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Das
Fischessen - Äquivalent zum Herrenessen des IBSV - findet in Celles
größtem Veranstaltungskomplex, der Congress Union statt. Über 500
Schützen aus allen Vereinen der Stadt teilen sich hier in geradezu
biblischer Weise das Ergebnis des
Kolkausfischens. Meine Portion sieht man hier noch ohne zugehörige
Sättigungsbeilage.
Mit
Spannung erwartet wird immer die humorvolle Fischrede eines prominenten
Ehrengastes. Der Redner war diesmal niemand geringerer als der
niedersächsische Ministerpräsident David McAllister! Stehende Ovationen
erhielt er für seinen Vortrag, der an meinem Tisch einhellig als beste
Fischrede seit Jahren bezeichnet wurde. McAllister, selber 2001
Schützenkönig von Bad Bederkesa, hatte humorvoll seine persönlichen
Erfahrungen im Schützenwesen mit jenen in der Politik
verknüpft
und blieb auch Aussagen zu den brennenden Themen der lokalen und
Landespolitik nicht schuldig. Bitte lest hierzu auch den Artikel der
Celleschen Zeitung, "Celle ist uns lieb und teuer", die ich hier im
PDF-Format mitliefere. (siehe unten)
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Im
Anschluß an das Fischessen versammelten sich die Schützen aller
Vereine vor der Congress Union zum großen Fackelmarsch Richtung Schloß.
Dieser eindrucksvolle Umzug wird von der Celler Bevölkerung
besonders geschätzt, was sich an Zahl der Zuschauer ablesen läßt. Gerne
hätte ich hier mehr Fotos davon präsentiert, konnte jedoch erst zur
Kamera greifen, als meine 2 Fackeln abgebrannt waren.
Zwei Stunden später endete dann der Samstagabend im Festzelt auf dem
Schützenplatz, musikalisch begleitet von Andreas Autengruber und seinen
Enzianern, der 2 Wochen zuvor noch beim Iserlohner Schützenfest
aufgetreten war!
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Der Sonntag begann mit
Musik! Um 6 Uhr in der Frühe zog der Weckumzug geräuschvoll durch die
Stadt, um die Majestäten zu Hause abzuholen und zum Festplatz zu
geleiten. Das Neuenhäuser Schützencorps versammelte sich dort um 9 Uhr
im Festzelt zum Königsfrühstück. Die Majestäten, geschmückt mit
individuell gefertigten Papierkronen, hatten ein mächtiges
Frühstücksbuffet auffahren lassen. Das war jenem, welches ich gerade
erst im Hotel genossen hatte, an Qualität und Auswahl zumindest
ebenbürtig!
Im Programm drehte sich jetzt alles um die Wettkampfergebnisse im
Schießen. Die erfolgreichsten Schützen, Schützinnen und Jungschützen
wurden geehrt und mit Auszeichnungen bedacht. Die Damenbeste, der neue
Jungschützenkönig der Jugendabteilung und der Minikönig für den
jüngsten Nachwuchs wurden
proklamiert. Seht, wie stolz sie sind! Das Königsschießen der Herren
findet immer erst am Montag statt. König Wolfgang mit dem schmückenden
Beinamen
"Der Gesellige" hatte hier also einen seiner letzten Auftritte.
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Um 11 Uhr hieß es dann
"Antreten zum Bezirksumzug!" Bei leichtem Regen marschierten wir nach
Neuenhäusen. Am Denkmal neben der Kirche wurde ein Kranz niedergelegt
und der Pfarrer sprach kurz. Weiter ging's zum Pflegeheim Staschko.
Leitung und Mitarbeiter des Heimes hatten wieder mit viel Liebe zum
Detail eine große Gartenparty für Schützen und Patienten vorbereitet.
Königsumtrunk mit kalter Ente! Da bin ich gern dabei, und war auch
leicht zu einem Krawattentausch zu überreden!
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Es folgte der Sternmarsch
zum sonntäglichen Großereignis, dem Aufmarsch vor dem Schloß.
Auf der großen Wiese nahmen nacheinander die Marschgruppen aller Celler
Schützengesellschaften ihre Positionen ein. Böllerschüsse,
blumenbekränzte Majestäten, Kapellen von nah und fern. Der Oberste
Hauptschaffer geleitet Oberbürgermeister Dirk-Ulrich Mende (SPD) zum
Mikrofon. Ansprache des OB. Bei den Neuenhäusenern kreist der Pokal mit
erfrischender Bowle und der Deckel wird dabei geschwungen ... die
Fahnenträger treten vor ... die Front wird abgeschritten ...
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Im Hintergrund des
Aufmarsches ergab sich auch die Gelegenheit zu interessanten
Bekanntschaften. hier oben z.B. der schmucke Spielmannszug der
NVA-Reservisten aus Berlin.
Ab 17 Uhr wand sich dann der Festumzug der Vereinigten Celler
Schützengesellschaften durch alle Straßen der Altstadt Richtung
Festplatz. Bis spät in den Abend war dann noch Stimmung im Festzelt,
und die Schützen sangen gemeinsam das Niedersachsenlied:
"Wir sind die Niedersachsen - sturmfest und
erdverwachsen..."
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Damit
soll's genug sein mit meinem persönlichen Erlebnisbericht. Kompetentere
Berichterstattung lieferte natürlich die Cellesche Zeitung am darauf
folgenden Montag. Einige interessante Ausschnitte daraus habe ich für
euch in
einer PDF-Datei gebündelt.
Für das Neuenhäuser Schützenvolk war aber das Fest damit längst nicht
beendet! Noch bis zum 9. August dauerte es, bis alle mit Titeln,
Medallien und Pokalen zu Ehrenden ausgeschossen waren.
Erwähnen möchte ich noch, daß jetzt erstmals wieder seit 2005 das SCN
den Hauptkönig der Stadt Celle stellt. Markus Wedemeyer, der in
Iserlohn auch schon gut bekannt ist, trägt den königlichen Ehrentitel
"Der gastfreundliche Tellerjongleur". Gastfreundlich - das habe ich ja
selbst erfahren dürfen. Aber das mit dem Teller sollte er mir
gelegentlich erklären!
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Text und
Fotos:
Martin Rupprecht
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